Der Hypermoderne Freie Ausdruckstanz im CyberAge
 

Von Andreas Mascha






"ALL LIFE IS FLOW - TUNE IN!"   ANDY IX
 

 
Existenzielles Bedürfnis nach FLOW
Der Mensch ist ein sinn- und glücksuchendes Wesen. Wie der Anthropologe und Begründer der Logotherapie Viktor E. Frankl gezeigt hat, ist im Menschen neben seinen biologischen Bedürfnissen auch zutiefst ein Bedürfnis nach Selbstüberschreitung, nach Selbsttranszendenz, verankert. Nach Frankl kann der Mensch sich nur in dem Maße verwirklichen, in dem er sich selbst - d.h. sein kleines Welt-Ich - vergisst und übersieht. Die Möglichkeit zur Selbstranszendenz ist schon im Menschen angelegt, als ein implizites Potenzial, denn ohne sie wären Entfaltung und Fortschritt nicht möglich. Wie z.B. der Weizensame schon potenziell die Ähre in sich enthält, so ist auch im Menschen das Übermenschliche bereits enthalten. Selbsttranszendenz ist der Akt der Verwirklichung und Entfaltung des bisher noch Unmanifestierten und Eingefalteten. Aristoteles nannte die in einer bestimmten Wirklichkeit angelegte Möglichkeit "Entelechie" (vom griech. en telos, das Ziel in sich tragend) und bezeichnete die Seele als die "höchste Entelechie des organischen Körpers". Dieses Potenzial im Menschen, diese "implizite Ordnung" (David Bohm), drängt nach Entfaltung und will sich im Leben verwirklichen. Diese Entfaltungskraft ist die eigentliche Triebfeder der Evolution. Henri Bergson nannte diese schöpferische Kraft in seiner Philosophie des Lebens "élan vital" und sah in der Dauer des unteilbaren Lebensstromes ein Phänomen, dass das Vergangene in sich bewahrt und in die Zukunft fließt.

Sri Aurobindo schliesslich spricht von der Weiterentwicklung der Seele und ihres zentralen Göttlichen Potenzials zum Psychischen Wesen, das alle Ausdrucksdimensionen der Person, nämlich Denken, Lebenskraft und physische Substanz-Energie, zu einer neuen evolutionären Harmonie führt und somit zum Träger eines entsprechend neuen Bewusstseins mit unbegrenzten Zukunftsmöglichkeiten macht. "Der Mensch trägt die Saat für ein Leben aus göttlichem Wesen schon in sich, in seinem Geist. Darum ist die Möglichkeit des Erfolgs bereits in seinem Ringen vorhanden, darum ist ihm der Sieg sicher." schreibt Sri Aurobindo in seiner Synthese des Yoga.
Durch ein bewusstes Zurücktreten ins Psychisches Wesen kann das Individuum dieser Kraft der Selbsttranszendenz gewahr werden und sich im Bewusstsein mit ihr identifizieren. Gelingt ihm dies, erfährt der Mensch dieses Ereignis als ein Getragen-Sein und Geführt-Werden von einer mächtigen Energiewelle; er spürt die Entfaltung seines Wesens und erfährt eine damit einhergehende, tiefe Glückseligkeit - er ist im FLOW. Der Mensch sehnt sich nach diesem schöpferischen Glücklich-Sein, das in seinem eigenen Wesen entborgen werden will. Trotz aller Unwissenheit und Selbstentfremdung kann das Sehnen nach dieser Präsenz, nach diesem größeren, freieren, schöneren, wahreren und heileren Etwas nie endgültig verdrängt werden;  gleichzeitig kann der Mensch den Traum der Glückseligkeit nie verwirklichen, wenn er nicht den Pfad der Selbsttranszendenz beschreitet. Dieser Weg der Selbsttranszendenz ist natürlich der gesamte Lebensweg und die eigentliche Lebensaufgabe des Menschen; doch es ist auch möglich die Selbsttranszendenz als verdichtetes Ereignis zu erleben, als eine Gipfelerfahrung bzw. "peak-experience" (Abraham Maslow) oder FLOW-Erfahrung im Sinne einer intensiven Erfahrungseinheit, eines in sich stimmigen Prozessfraktals im Gesamtprozess des Daseins.
 

FLOWDANCE-session als Zukunftsritual und Ereignis in der Raumzeit

Wenn wir die FLOW-Erfahrung mit dem Evolutionspsychologen und FLOW-Forscher Mihaly Csikszentmihalyi als "Optimal Experience" definieren, könnten wir auch von der Erfahrung einer fokussierten Selbsttranszendenz sprechen; fokussiert im Sinne einer verdichteten Erlebnisintensität bzw. einer Bewusstseinserweiterung auf einen konkreten Zeitpunkt. Ob dieses Zeitpunktintervall dann einige Sekunden, Minuten oder länger dauert, ist letztlich nur ein gradueller Unterschied. Das Zukunftsritual (FutureRitual) einer FLOWDANCE-session dient dazu, optimale Bedingungen für die Möglichkeit der FLOW-Erfahrung zu schaffen. Ohne hier weiter auf die große Bedeutung und die Potenziale von Ritualen für außergewöhnliche Bewusstseinszustände einzugehen, kann das Ritual ganz allgemein dazu genutzt werden, das Alltagsbewusstsein zu transzendieren und für diese Zeit die volle Aufmerksamkeitsenergie auf das "Mysterium des Lebens" (Ludwig Wittgenstein) zu fokussieren. (Siehe hierzu auch unter www.FutureRitual.de)  Somit wird das gelungene Ritual gleichsam zu einem Anker in der Raum-Zeit für die Öffnung zur ego-transzendenten und zeitfreien Wesenserfahrung.

Die authentische FLOW-Erfahrung ist tatsächlich auch eine psychedelische Erfahrung, als das Ereignis einer Offenbarung des Seelischen, aus der Psyche (vom Griechischen psyché deloun ) und die ideale FLOWDANCE-session ist ein künstlerisches, wissenschaftliches und spirituelles Ritual, um das Ewige und Unbegrenzte in der Zeit und im Individuum zu erfahren. Natürlich gibt es unterschiedliche Intensitätsgrade der FLOW-Erfahrung - von einem starken Absorbiert-Sein im schöpferischen Wirken, das trotz aller Herausforderung und Konzentration immer etwas beglückendes, spielerisches und fließendes hat, bis hin zur absoluten Bewusst- Seinsidentität mit dem Universellen FLOW der Urkraft (SUPERFORCE in SUPERFLOW).

Im FLOWDANCE tanzt der Mensch sich bzw. sein Selbst. Er bringt sein Wesen und Selbst-Sein im künstlerisch-kreativen Tanz über seinen Leib zum Ausdruck. Der Leib ist hier Medium und Instrument für die FLOW-Erfahrung. So schreibt Csikszentmihalyi in seinem Werk 'FLOW - Das Geheimnis des Glücks': "Sport und Fitness sind nicht die einzigen Wege zu Erfahrungen, die den Körper als Quelle der Freude nutzen, denn eigentlich hängen eine ganze Reihe von Aktivitäten von rhythmischen oder harmonischen Bewegungen ab, damit FLOW entsteht. Darunter ist das Tanzen vermutlich die älteste und bedeutsamste, sowohl aufgrund seiner weltweiten Anziehungskraft als auch wegen seiner potentiellen Komplexität." Die potentielle Hyperkomplexität des FLOWDANCE macht den tänzerischen Zugang zum FLOW auch so interessant. In der Integralen Kunst des Flux-Tanzes, des hypermodernen Ausdruckstanzes des 21. Jahrhunderts, kommen die Stärken des Künstlerisch-Schöpferischen über die freie Bewegungs-Poesie für die FLOW-Erfahrung zur vollen Blüte. (Vgl. hierzu den Essay zum Flux-Tanz, auch unter www.homo-integralis.de/Institute/Zeitschrift/Flux-Tanz.pdf sowie zur Poetologie des FlowDance unter www.nsp-online.org/FlowDance-Poetologie.pdf)

Wie bisher schon etwas deutlich wurde, dient das Ritual einer FLOWDANCE-session der unmittelbaren Erfahrung, dem ganz konkreten, subjektiven Erlebnis des FLOW. Um diese Erfahrung jedoch selbst, d.h. am eigenen Leib zu machen, reicht logischerweise nicht das Lesen eines Textes über den Tanz. Bei der FLOW-Erfahrung geht es, wie schon der Begriff deutlich macht, nicht so sehr um das intellektuelle Verstehen der theoretischen psychosomatischer Zusammenhänge, sondern um das authentische FLOW-Ereignis, das im Tänzer in einem konkreten Hier und Jetzt stattfindet. Denn das ganzheitliche Erlebnis der FLOW-Erfahrung hat eine eigene Wirklichkeitskraft und eine zentrale energetische Komponente, die das Quantensystem 'Mensch' - als Spezialfall eines lebenden Materie-Energie-Systems - tatsächlich zeitweilig auf eine höhere Bewusstseinsfrequenz und Seinsschwingung zu heben vermag. (Vgl. hierzu den Essay zum SciDance, auch unter www.homo-integralis.de/Institute/Zeitschrift/sciDance.pdf ).
Letztlich ist es immer die Authentizität der subjektiven Erfahrung, die ihr auch intersubjektive Evidenz und ihren objektiven Wert verleiht. Wie wollten wir beispielsweise rein theoretisch, objektiv den Geschmack einer Erdbeere beurteilen? Es geht darum, die Sache selbst zu kosten, zu erfahren - unmittelbar, direkt!

Natürlich kann der FLOWDANCE dem Menschen nicht auf Knopfdruck den Sinn seines persönlichen Lebens enthüllen, jedoch kann der holotrope Tanz, d.h. der auf Ganzheit ausgerichtete Tanz, die konkrete Bewusstseinserfahrung erleichtern, dass das Leben in sich selbst einen Sinn trägt und dass nur die Selbstentfremdung dieses innere Führungslicht verdunkelt. Genau diese Selbstentfremdung kann im und durch den FLOWDANCE mehr und mehr überwunden werden. Der Mensch kann hier bewusst mit sich selbst in Kontakt kommen und durch die Freude am freien Tanz kann dieser zu einer „autotelischen Erfahrung“ (vom Griechischen autos = Selbst und telos = Ziel) - wie Csikszentmihalyi es nennt - führen; d.h. das Tanzen geschieht absichtslos, einfach um seiner selbst willen, aus purer Freude am Spiel mit dem eigenen biophysischen "Raumanzug". Durch die Kybernetik des autotelischen FLOWDANCE kann die FLOW-Erfahrung im Tanzprozess immer weiter intensiviert werden, da der dynamische FLOW-Zustand gerade die Kreativität begünstigt, welche simultan in der Tanzbewegung umgesetzt, wiederum die FLOW-Erfahrung ausweitet und vertieft, usw. - bis hin zur Trance der Tanz-Ekstase (FLOWDANCE-Ecstasy).

Der fortgeschrittene FLOW-Tänzer ist nicht mehr auf äußere Stimulanzien und körperexterne Substanzen für eine psychedelische Erfahrung bzw. einen veränderten Bewusstseinszustand (VBZ) angewiesen, er hat das soma (Sanskrit: Der geheimnisvolle, psychoaktive Saft, der von Gott Indra zur Stärkung und von den Rishis, den indischen Sehern, zur Steigerung der Aufmerksamkeitskraft, getrunken wird) IN sich entdeckt. Durch die wiederholten und im FLOWDANCE konkret eingefleischten FLOW-Erfahrungen kann der FLOW-Tänzer mit der Zeit einen FLOWBODY entwickeln. In solch einem weiterentwickelten Leib wurde der 5. oder neurosomatische Schaltkreis, wie ihn der Cybervisionär Timothy Leary bezeichnete, neuroevolutionär stabil geschlossen. Der FLOWBODY wird durch die somatisierten FLOW-Erfahrungen selbst zu einem Anker (= holosomatischer Marker) für die FLOW-Erfahrung und mit der fortschreitenden Transformation des Körpers zum integralen Leib reichen schon einige wenige Bewegungen oder eine bestimmte, 'belegte' Körperhaltungen (Sanskrit: asanas oder mudras) um eine FLOW-Erfahrung auszulösen. Der Nobelpreisträger und Neurodarwinist Gerald M. Edelman nannte diese NeuroSomatische Programmierung (NSP) prägnant ein "motorisches Ensemble".

Durch die fortwährende Arbeit an der Leibesplastik kann je nach Intensität der Übung sowie dem allgemeinen Plastizitätsgrad des 'Körpermaterials' mit der Zeit ein integraler Leib, der auch ein integrales Gehirn beinhaltet, ausgebildet werden.(Vgl. den SciDance-Essay, aaO.) Das griechische Wort für Körper heißt SOMA; vielleicht hatten die alten Griechen solch einen integralen Leib im Auge, wo das soma des Ostens mit dem SOMA des Westens zusammenfällt. Wer das soma des SOMA jedoch schon einmal gekostet hat, kennt den Geschmack (Sanskrit: rasa) des FLOWBODY oder "body of bliss" (Timothy Leary). Somit wird die FLOW-Erfahrung letztlich völlig unabhängig von einer äußeren Aktivität und einem externen Auslöser; der FLOW wird schließlich täglich, im gesamten LebensTanz immer umfassender im Körper eingefleischt, bzw. es werden die alten, überkommenen Muster und "Charakterpanzerungen" (Wilhelm Reich) progressiv ausgefleischt, bis man selbst zum FLOW geworden ist.

"Offensichtlich ist: Überall gibt es 'den' Tanz - bis hinunter in die Dimension der Amöbe und Zelle, ja auch die Teilchen-Physiker gebrauchen bereits den Ausdruck 'Tanz' im Hinblick auf das Verhalten der Partikel im Atomkern. Es ist möglich, dass ihr 'Tanz' der Ur-Tanz ist, der all die anderen Tänze - und das akustische Äquivalent des Tanzes: die Musik - in der Natur und im Universum vorgebildet und konditioniert hat. Auch den Gesang der Nachtigall. Und die Matthäuspassion. Da die Partikel tanzen, tanzt alles, was dieses Universum bildet und ausmacht. Der Tanz von Gott Shiva, in dem sich das Universum immer wieder neu erschafft." Dies schrieb der spirituelle Musikforscher Joachim-Ernst Berendt in seinem Werk 'Das dritte Ohr'. Wenn wir Musik als das "akustische Äquivalent des Tanzes" betrachten, so können wir den Tanz als das kinetische Äquivalent der Musik bezeichnen. Hier wird bereits die starke Bezogenheit, ja Komplementarität, von Musik und Tanz deutlich; und in ihrer höchsten Form der Synchronisation ist sogar das synästhetische Erlebnis möglich, die Gestalt der Musikbewegung bildlich zu sehen und die Melodie der Tanzbewegung zu hören. Der FLOWBODY des Tänzers wird zum Ort des Ereignisses der FLOWDANCE-CYBERTRANCE FUSION, d.h. des spontanen schöpferischen Ausdrucks musikalischer Klangwelten über den instrumentalen tanzenden Körper.

"Musik, organisierte auditive Information, hilft dem Verstand, der sich ihr zuwendet, sich zu organisieren, und reduziert daher psychische Entropie oder die Unordnung, die wir erleben, wenn zufällige Informationen mit unseren Zielen in Konflikt geraten. Musik hören wehrt Langeweile und Unsicherheit ab, und wenn man sich ihr ernsthaft widmet, kann sie flow auslösen", so Csikszentmihalyi in seinem Kapitel über FLOW in der Musik (a.a.O.). Der Bandbreite der FLOW induzierenden Musik ist keine Grenze gesetzt, weder kulturell noch stilistisch; sie kann vom Meditativen, Apollinischen bis hin zum Ekstatischen, Dionysischen reichen. Neben der "objektiven" Qualität der Musik ist jedoch die subjektive Aufnahmebereitschaft und Fähigkeit zu umfassendem Zuhören von entscheidender Bedeutung. Der Musikwissenschaftler Peter Michael Hamel spricht in diesem Zusammenhang in seinem Werk 'Durch Musik zum Selbst' von einem "integralen Hörbewusstsein" - und zitiert weiter Jean Gebser - welches "die magische Vitalität erlebt, die mythische Seelenform erschaut und die mentale Struktur erfasst." Solch ein integrales Hörbewusstsein muss sich natürlich im Tänzer immer mehr entwickeln; aber auch dabei kann der FLOWDANCE eine unterstützende Rolle spielen, da der Mensch im Tanz gleichsam lernt sich in die Musik einzuschwingen und mit seinem ganzen Leib hinzuhören. Natürlich muss die Musik selbst bereits FLOW-Qualitäten enthalten, um sie heraushören zu können, obwohl dies sehr subtile und großteils auch unterbewusste Prozesse sind. Das Sich-ins-Werk-Setzen des FLOW hängt im Wesentlichen vom FLOW der Musiker während des musikalischen Schaffensprozesses ab. Mit anderen Worten, es ist eine Frage der Weite des Bewusstseins der Künstler, welche Schwingungen durch ihr Werk vibrieren und welche Bewusstseinsfrequenzen in der Musik kodiert und gespeichert werden, die dann wiederum 'vertanzt' werden können.
 

Die neo-psychedelische Bewegung in die Cybersphäre - 
das FLOWDANCE-CYBERTRANCE-HAPPENING

Die große Herausforderung in FLOW zu kommen, besteht darin, den 'normalen' Bewusstseinszustand zu transzendieren, d.h. in gewisser Hinsicht einen Quantensprung auf ein höheres Niveau an psychischer Energie zu vollziehen. Der FLOWDANCE kann dabei eine wichtige Rolle spielen, aber auch dort muss zunächst eine Sprung in die tänzerische Bewegung vollzogen werden. Wie wir gesehen haben, kann Musik dabei eine große Hilfe sein, aber auch dies kann in bestimmten Situationen noch nicht genügend Energiezufuhr sein, um tatsächlich zu springen. Es gibt aber noch weitere Aktivierungsmöglichkeiten des Gehirns, auch ohne auf körperexterne Substanzen zurückgreifen zu müssen, um das Alltagsbewusstsein zu transzendieren und sich für die FLOW-Erfahrung zu öffnen. Die neuen Medien des CyberAge ermöglichen den Einsatz multimedialer Bewusstseinstechnologien für audio-visuell induzierte "elektronische Trips" (Rüdiger Lutz). Der Vordenker der CyberKultur William Gibson sprach diesbezüglich von einer „neo-psychedelischen Bewegung“ und Douglas Rushkoff, Avantgardist der Cyberkulturszene  und Autor von Bestsellern wie 'Cyberia' oder 'The Ecstasy Club', betitelte eines seiner letzten Werke programmatisch 'Stoned Free - How to get high without drugs.'

Natürlich ist es wunderbar eine FLOWDANCE-session im Freien, barfuss, auf noch taufrischem Gras, im Licht der aufgehenden Sonne und begleitet vom Morgenlied einiger Vögel zu genießen; wir können aber auch in einen anderen Datenraum eintauchen und im ekstatischen FLOWDANCE die hochenergetischen CYBERTRANCE-Soundwellen surfend in die CyberArt-Projektionen von dynamischen Mandalas, psychedelisch farbigen Spiral- und Fraktalmustern fliegen und auch so den Innen-Außen-Dualismus transzendieren. Nicht entweder-oder sondern sowohl-als-auch lautet die Devise der FLOW-Bewusstseinsabenteurer! Die heutigen multimedialen Technologien und Rauminstallationen eröffnen neue Synergien und Fusionen von virtuellen Welten und realen Körpern - auch mit interessanten Perspektiven für eine CyberBodyArt. Bei einem CyberDance Happening befindet sich beispielsweise der Dancefloor zwischen Projektoren und Großleinwand, so dass die Schatten des Tanzpublikums mit auf die Leinwand fallen und so kreative Verschmelzungen zwischen virtuellen Welten und realen (Schatten-)Gestalten möglich werden. Durch das visuelle Feedback der eigenen dynamischen Körpergestalt über das projizierte Schattenbild zurück an den Tänzer kann sich ein schöpferischer KYBERNETISCHER TANZ entwickeln, der auch einen bewusst selbstransformativen Charakter haben kann. In diesem Sinne stellt ein hypermodernes CYBERDANCE HAPPENING auch einen tänzerischen Erfahrungszugang zur Kybernetik selbst dar.

Der Avantgarde-Neuroevolutionsforscher und Vordenker bzw. -seher der CyberKultur Timothy Leary hatte bereits vor einigen Jahren die große Bedeutung der Kybernetik für die Bewusstseinsentwicklung des Menschen erkannt und programmatisch aufgezeigt, wohin die Reise geht: FROM PSYCHEDELICS TO CYBERNETICS.

 Die Cybersphäre ist jedoch nicht nur eine informationstechnologisch erschaffene virtuelle Realität (VR), sondern meint auch den neuronalen Cyberspace als Datenraum unserer Wirklichkeitskonstruktion und das universelle Informationsfeld des Geistigen - die Noosphäre, wie es Teilhard de Chardin nannte. D.M. Turner geht in seinem 'Psychedelischen Reiseführer' sogar noch einen Schritt weiter mit seinem Begriff des "CydelikSpace" und meint damit nichts geringeres als die unmittelbare Erfahrung des integralen Feldes des Holomovement (David Bohm). Oder mit anderen Worten: THE FLOWDANCE-CYBERTRANCE FUSION - A SUPERTRIP THROUGH CYDELIKSPACE.

"Das Publikum bei heutigen Live-Vorstellungen, etwa Rock-Konzerten, erlebt in gewissem Ausmaß diese rituellen Elemente. Es gibt nur wenige andere Gelegenheiten, bei denen so viele Menschen sich an einem Ort versammeln, das gleiche denken und fühlen und die gleiche Information verarbeiten. Derartige gemeinsame Aktivitäten rufen im Publikum einen Zustand hervor, den  Emil Durkheim "kollektives Sprudeln" nannte, das Gefühl, man gehöre zu einer Gruppe mit konkreter, wirklicher Existenz. Dieses Gefühl war nach Durkheim die Wurzel religiöser Erfahrung. Die Bedingungen einer Live-Vorstellung helfen, die Aufmerksamkeit auf die Musik zu konzentrieren, und machen FLOW daher bei einem Konzert wahrscheinlicher als beim Abspielen einer Schallplatte", schreibt Csikszentmihalyi in seinem zukunftsweisenden Werk FLOW - Das Geheimnis des Glücks.

"Wann ist eine Musik wirklich wahr - im tiefsten Sinn dieses Wortes, der ein heiliger ist?", fragte der große spirituelle Musikwissenschaftler und Hörforscher Joachim Ernst Berendt; und weiter: "Ist sie das nicht erst dann, wenn sie angschlossen ist an die eine, ewige Musik, an das Nada Brahma, das nicht die Musik einzelner ist, seien sie auch noch so genial, sondern die Musik des Seins, das all diese Musiker spielen läßt - in jenem Sinn, in dem man von einer Band sagt, sie lasse uns - uns alle - 'tanzen'. Diese unfaßbare, riesige 'Band', die uns alle 'tanzen' läßt, ist das Sein. Wir alle tanzen nach ihr sowieso, aber nochmals: Es macht einen Unterschied, einen riesigen Unterschied, ob wir das unbewusst oder bewusst tun und diese Bewusstheit in Wachheit durchhalten. " (Berendt, J.E. Klang der Seele. Musik und Spiritualität)
 

Selbsttherapeutische und selbsttransformative Aspekte des FLOWDANCE

Zum Schluss wollen wir noch etwas näher auf die selbsttherapeutischen Aspekte des FLOWDANCE und seine Stellung im Kontext anderer Theapieansätze sowie psychisch-physischer Selbstheilungswege beleuchten.

In der Klassifikation der verschieden therpeutischen Ansätz nach Ken Wilber (in 'Das Spektrum des Bewusstseins') könnte man den FLOWDANCE dem "somatischen Existentialsimus" zuordnen. Zwar unterscheidet sich der somatische vom noetischen Existentialismus - wie etwa der Logotherapie Viktor Frankls - durch die stärkere Leiborientierung und die stärkere Fokussierung auf die ganzheitliche Erfahrung statt auf den kognitiv-reflexiven Zugang, die Prinzipien der Höhenpsychologie sind jedoch die gleichen.(Vgl. hierzu auch den NSP-Ansatz unter www.NSP-online.org ) D.h. die Zukunftsorientierung steht vor der Vergangenheitsfixierung; die Potenialorientierung vor der Mangelakribie. Der Grundgedanke dahinter ist sehr einfach. Hat der Mensch einmal einen authentischen Kontakt zu den in ihm schlummernden Potentialen, zu seinem innersten Psychischen Wesen, so fließt ihm dadurch - quasi aus der Zukunft - Bewusstseinsenergie zu, die er eben auch dazu nutzen kann, um seine Vergangenheit effektiv zu bewältigen bzw. sie von einer neuen 'Bewusstseins-Höhe' aus zu integrieren und freier in eine schönere und heilere Zukunft fortzuschreiten. Denn bleibt die Fixierung auf den Verletzungen und Mängeln der Vergangenheit - wie nicht selten beim rein analytischen, tiefenpsychologischen Ansatz - so fehlt oftmals die Energie, die Schwungkraft bzw. der Elan sich sozusagen am eigenen Schopf aus dem Schlamm des Überkommenen zu ziehen und ein höheres Kohärenzniveau zu erreichen. Dieser systemische Zusammenhang wird auch durch die neusten Erkenntnisse der Neuro- und Kognitionswissenschaften und im besonderen des Konstruktivismus unterstützt. Durch den stark selbsttransformativen Charakter dieses noosomatisch existenzialistischen Therapieansatzes ist der FLOWDANCE im wesenhaft zeitqualitativen Sinne HYPERMODERN.

Innerhalb der etablierten Therapieansätze und Heilpraktiken lässt sich der FLOWDANCE auch der Tanztherapie, der transpersonalen Psychophysiotherapie sowie der Köpertherapie und Leibarbeit zuordnen. Berührungspunkte bestehen auch zu Ansätzen wie sie in der Gestalttherapie, der Bioenergetik, der Kinesiotherapie, der tanzorientierten Kunsttherapie und der integralen Tanz- und Ausdruckstherapie (z.B. der CITA-Ansatz nach Wilfried Gürtler) entwickelt und beschrieben wurden. Während der Schwerpunkt beim NeuroLinguistischen Programmieren (NLP)  auf einer begrifflich-mentalen Ebene liegt, steht beim NeuroSomatischen Programmieren (NSP) durch FLOWDANCE der Leib - als köperlich-seelische Einheit - im Zentrum. Und obwohl es gerade auf der physisch-organischen Ebene auch viele Überschneidungen mit dem sehr wertvollen Ansatz des 'Body-Mind Centering' (BMC), wie es von Bonnie Bainbridge Cohen entwickelt wurde, gibt, liegt doch der Fokus beim FLOWDANCE mehr auf einem 'Body-Soul Centering' (BSC). D.h. die subtilenergetischen Prozesse des Leibes mit seinen Energiezentren spielen beim FLOWDANCE von Anfang an eine wesentlich wichtigere Rolle als die trotzdem sehr bewusstseinsrelevante Anthropotomie bzw. der organisch-anatomische Aufbau der menschlichen Körperwelten mit seinen Knochenstrukturen, Muskelsystemen, Eingeweiden, Nervensystemen, Körperflüssigkeiten etc.. Zur Klärung der begrifflichen Unterscheidungen und semantischen Inhalte von MIND (Mental) und SOUL (Psychisches Wesen, implizte Ordnung, Entelechie und Imago des Zukunftswesens) sei hier auf die integral-wissenschaftlich Betrachtungen zum SciDance (unter www.homo-integralis.de/Institute/Zeitschrift/sciDance.pdf) verwiesen. In zentralen Punkten besteht auch eine große Nähe des FLOWDANCE zu Richtungen wie dem Free-Style Tai Chi, zum Butoh, zum authentic movement und zur Eurhythmie. Obwohl diese Einkategorisierung zum bessern Verständnis und als Offenlegung einiger Inspirationsquellen, die mit zur Entwicklung des NSP-Ansatzes und des FLOWDANCE führten, hilfreich ist, ist es doch letztlich ganz einfach: Das Leben selbst ist der Große TANZ, darin sich einzuschwingen und den FLOW frei fließen und tanzen zu lassen ist das worum es geht - egal wie wir es benennen.

Vor allen therapeutischen Erwägungen ist es aber die wunderbare Kraft der kreativen Freude, die das Hauptcharakteristikum des FLOWDANCE und des Tänzerischen überhaupt ausmacht und die Selbsttrransformation hin zum Heilen, hin zur Ganzheit bewirken kann und eine authentische FLOWDANCE-SESSION gleichzeitig zu einem glücklichen, bereichernden und erlebenswerten Ereignis werden läßt.


 

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